„Blinde sehen… “ Kirchenführung am Reformationstag in Flintbek

Als Kinder haben wir auf dem Weg zum Gottesdienst in einem der Dörfer immer „Wer zuerst den Kirchturm sieht…“ gespielt. Weil die Kirchen in den Dörfern eben schon von Weitem zu sehen sind. Weil sie Wahrzeichen ihrer Ortschaften sind. So ist es auch in Flintbek an der Eider. Wenn man zu Fuß vom Bahnhof kommt, ist der hölzerne Kirchturm schon bald auf dem Hügel zu sehen. Den Teilnehmer*innen unserer Kirchenführung am Sonntag ging es nicht so. Viele von ihnen haben weder unseren, noch überhaupt je einen Kirchturm gesehen. Noch nie von Weitem den Wetterhahn erspäht. Noch nie die beeindruckende Höhe eines Kirchturmes, vor dem man steht, auf sich wirken lassen können.

Am Sonntag, den 27.08.2023, gab es in unserer Flintbeker Kirche eine Führung für Blinde. Eine besondere Erfahrung, für die Teilnehmenden sowie unseren Gemeindepädagogen Martin Friele und mich als durchführende Personen, mit besonderem Anlass. Denn bei uns in Flintbek ist es jetzt möglich, unsere Kirche in Gänze, in ihrer Gesamtarchitektur, auch ohne sie zu sehen, zu begreifen. Seit Anfang Juli haben wir neben unserer Kirche ein Tastobjekt für Blinde. Eine mit den Händen erfahrbare Miniaturausgabe unseres Gotteshauses aus Metall, mit hörbarer Beschreibung unserer Kirche per QR-code, gestaltet von der Künstlerin Sylvia Goldbach von TaktilesDesign. An und mit diesem Kunstwerk begann unsere Kirchenführung für Blinde. Nacheinander konnten alle das äußere Erscheinungsbild unserer Dorfkirche ertasten und so die gehörten Informationen mit eigenem Erkunden verbinden. Fragen zur selbst wahrgenommenen Architektur stellen, sich selbst ein Bild machen. Nach einer Orientierung über einen taktilen Plan des Innenraums, betraten wir diesen und setzten unsere Kirchenerkundung mit einer Herstellungsbeschreibung von der Künstlerin selbst, Geläut unserer Glocken und Orgelspiel im Innenraum fort. Nach einer hörbaren Beschreibung der Kunstwerke unserer Dorfkirche, konnten diese größtenteils, so wie z. B. unser großes Bronzetaufbecken des Gießers Reimer Jappe und große und kleine ausrangierte Pfeifen unserer Orgel, betastet und so von den Blinden selbst wahrgenommen werden. Anschließend an die Führung kamen wir miteinander ins Gespräch darüber, wie wichtig, schön und neu diese hörbare und vor allem taktile Erfahrbarkeit unserer Kirche für die Teilnehmer*innen ist und wie sehr sie sich wünschen würden, dass dies auch in anderen Kirchen zukünftig möglich wird.

„Blinde sehen…“, heißt es im Matthäusevangelium. In unserer Kirche war und ist dies jetzt ein Stück weit möglich.

Und daher planen wir eine ebensolche Führung am 31. Oktober um 14Uhr in unserer Kirche zu wiederholen. Sollten Sie daran Interesse haben, melden Sie sich gern in unserem Kirchenbüro unter Tel. 04347/70780.

Pastorin Sophie Hobert